In diesem Jahr ging alles ganz schnell. Der Winter hielt uns viel zu lang mit seiner kalten Hand gefangen. Und danach versuchte die Natur all das zurückgebliebene im Einschritt nachzuholen. So fiel der Vorfrühling mit all den bunten Farbtupfern der Frühjahrsblüher recht kurz aus. Und auch ich musste mich ranhalten, um all die kleinen Geschichten dieser spannenden Jahreszeit in der Natur mitzuerleben. All das Werden, Aufblühen und Gedeihen.
Unser Edewechter Pfarrgarten ist immer fester Bestandteil meiner Frühlingsentdeckungen. Neben den zahlreichen Krokussen erstrahlt der Pfarrgarten besonders in der Pracht seiner heimischen Frühlingsboten wie Buschwindröschen, Scharbockskraut und Hainsimse (auch Hasenbrot genannt) imposant.
Eine echte Rarität ist allerdings der Wald-Gelbstern, manchmal auch Goldstern genannt. Der wissenschaftliche Name der Pflanze ist Gagea lutea. Die Art ist zwar weit verbreitet, von Südschweden bis Nord-Italien und im Osten sogar bis Japan. Aber die Vorkommen sind zerstreut und bei uns eher rückläufig.
Der Gelbstern gehört zu den früh blühenden Zwiebel-Geophyten. Wie andere Arten dieser Gruppe nutzen sie ihre Zwiebel als Überdauerungsorgan, um bei geeigneter Witterung zeitig auszutreiben und sofort blühen zu können. So verschaffen sie sich einen Vorsprung und können das Licht an Standorten nutzen, die später im Jahr beschattet werden, wie Wald, Waldrand und Wiesen.
Der frühe Blühzeitpunkt im Jahr hat immer die Gefahr von Schlechtwettereinbrüchen. Aber wer sich früh raus wagt und blüht, wenn es noch wenige tun, vermeidet die Konkurrenz um die Bestäuber später im Jahr. Die frühfliegenden Arten der Wildbienen ihrerseits sind genau auf solches Blütenangebot angewiesen. Aber über die Bienen sprechen wir ein andermal.
Ökologisch gesehen werden Flächen wie der Pfarrgarten immer wertvoller, weil die Landschaft um uns herum immer intensiver und zielgerichteter genutzt wird. Einer Arche gleich halten wir hier einen Rückzugsraum für unsere heimische Artenvielfalt in Händen.
Ob wir nun Schöpfung oder Evolution darin erkennen, uns ist die Bewahrung aufgetragen. Wir können aber nur bewahren, was wir benennen und verstehen.
Hergen Erhardt