Mit Gummihandschuhen und blauen Säcken wartet Dirk von Grone vor der Tür des Süddorfer Gemeindehauses. Der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates will die Jugendlichen, die regelmäßig zum Jugendtreff kommen, an diesem Donnerstag für einen Einsatz gewinnen: Das Kirchen- und Friedhofsgelände soll von Müll und Unrat befreit werden.
„Kein Thema“, sagen die jungen Leute, schnappen sich die Säcke und ziehen nach kurzer Einweisung los. 20 Minuten später ist der Job erledigt: Die Müllsäcke liegen gefüllt im Container, auf dem Gelände sieht es wieder sauber aus – und Dirk von Grone bedankt sich bei den Helferinnen und Helfern.
Wohnzimmer der Jugendlichen
„Das ist für uns selbstverständlich, das machen wir gern“, sagen die Jugendlichen. Das Gemeindehaus in Süddorf ist für sie über die Jahre so etwas wie ihr Wohnzimmer geworden. Dort haben sie unter dem Dach Jugendräume zur Verfügung, in denen sie sich treffen und „ihr eigenes Ding“ machen können. Sie fühlen sich hier wohl. Hier werden sie ernstgenommen, das spüren die jungen Leute.
Sie sprechen mit Anke Wolters, die als Hauptamtliche für die Jugendarbeit in Süddorf verantwortlich ist, über die Neugestaltung des Außenbereichs vor dem Eingang zu den Jugendräumen. „Eine Blumenwiese mit einer Sitzecke“ – das soll nach dem Willen der Jugendlichen dort entstehen. „Damit wir im Sommer auch gemütlich draußen sitzen können – grillen und so.“ Der GKR-Vorsitzende ist einverstanden und schlägt vor, auch die Tischtennisplatte, die derzeit noch vor dem Gemeindehaus steht, an dieser Stelle mit aufzubauen.
Viele kommen jahrelang
Offen zu sein und Interesse an den Wünschen und Ideen der jungen Leute zu haben, sie zu unterstützen, einfach Zeit mit ihnen zu verbringen – das ist offenbar das Geheimnis der Jugendarbeit in Süddorf. Anke Wolters steht den Jugendlichen seit nunmehr fast 13 Jahren zur Verfügung. Ihr Engagement geht weit über das bezahlte Maß hinaus. Sie ist nur mit ein paar Stunden von der Kirchengemeinde angestellt. Montags und donnerstags öffnet sie für jeweils drei Stunden den Jugendtreff. „Aber wenn jemand Kummer hat, werde ich auch zuhause angerufen und um Rat gefragt“, berichtet Anke Wolters. Und das findet sie auch vollkommen in Ordnung: „Wenn ich helfen kann, bin ich da – das ist doch selbstverständlich!“
Anke Wolters mag „ihre“ Jugendlichen – und diese wiederum sind begeistert von der Jugendarbeiterin. Das spürt jeder, der den Jugendtreff besucht. Kein Wunder, dass viele schon jahrelang ins Gemeindehaus kommen: fünf Jahre und mehr sind keine Seltenheit. Manche bringen ihre Freunde oder Freundinnen mit, oder die jüngeren Geschwister: So kommen auch immer mal wieder neue Gesichter in die Runde. „Auch Ehemalige schauen immer mal wieder vorbei und bringen auch schon mal ihren kleinen Nachwuchs mit“, freut sich die Jugendarbeiterin.
Kochen gehört dazu
Montags ist der Jugendtreff für die Jüngeren ab 10 Jahren vorgesehen. Dann sind die Räume ab 15:30 Uhr geöffnet. Es wird gespielt, Musik gehört, geredet. So eng wird es aber mit dem Alter der Teilnehmenden nicht gesehen: „Ab 17 Uhr sind dann auch die Älteren im Haus, wenn sie von der Arbeit kommen. Die Jugendlichen kennen sich ja fast alle hier in dem Bereich, das klappt gut“, sagt Anke Wolters.
Donnerstags ist ab 18 Uhr geöffnet. Das ist der Jugendtreff für die Älteren ab 14; aber viele sind auch schon über 20 Jahre alt und kommen immer noch gern her. Mitunter sind mehr als 15 Jugendliche da.
Fester Programmpunkt ist das Kochen und gemeinsame Essen in der Gruppe. Immer zwei von ihnen kümmern sich um die Zubereitung des Essens und um den Abwasch. „Jeder ist mal dran. Das wird aufgeschrieben, damit das auch gerecht ist. Das klappt gut“, sagt eine Teilnehmerin. Heute sind Tanja und Kim an der Reihe. Sie kochen Spaghetti Bolognese.
Beteiligung am Basar
Die anderen versammeln sich derweil um den Kicker. Auch donnerstags wird gespielt, geschnackt, Musik gehört. Im Herbst ist auch die Basarvorbereitung ein fester Programmpunkt. Die Jugendarbeit beteiligt sich daran. „Wir basteln nicht regelmäßig für den Basar, aber manchmal gestalten wir doch aufwändigere Sachen, die dann verkauft werden“, so Anke Wolters. Manchmal geht es mit dem Jugendtreff auch auf Tour, z.B. ins Kino. Aktuell ist geplant, demnächst einmal in den Kletterwald nach Thüle zu fahren.
In einer Ecke des Jugendraums steht ein Computer. Der wird zum Spielen genutzt, aber auch, damit die jungen Leute dort Bewerbungen schreiben und ausdrucken können – unterstützt von Anke Wolters. Aber zur Zeit ist der Computer nicht einsatzfähig. Der alte Rechner wurde bei einem Einbruch gestohlen. Das gespendete Ersatzgerät ist so alt, dass weder die Spiele noch der Drucker damit funktionieren. „Wir brauchen dringend wieder einen Computer,“ sagen die Jugendlichen. „Aber einen, der auch funktioniert!“ Was sie sich noch wünschen? „Einen neuen Kicker – der alte tut’s nicht mehr lange, der ist schon 13 Jahre alt!“
Wie eine Familie
Während diese Wünsche erfüllbar scheinen, wird eine anderer wohl ein Traum bleiben: Einen Treffpunkt, wo sie jeden Tag zusammenkommen können, das erhoffen sich die Süddorfer Jugendlichen.
Tatsächlich ist es ein Problem, dass es im Süddorfer Bereich nicht viele Angebote für Jugendliche gibt. „Wir können uns an der Tankstelle treffen, aber da gibt es jetzt keine Bank mehr. Und privat ist es mit mehreren Leuten zu eng,“ sagt eine Jugendliche. Draußen ist es zudem mitunter kalt und nass. Sie ergänzt: „Da ist es schon klasse, dass wir hier im Gemeindehaus ein Dach über dem Kopf haben. Hier sind auch alle erwünscht und alle können kommen!“
„Wenn wir jeden Tag geöffnet hätten, würden die Jugendlichen auch jeden Tag hier sein,“ ist Anke Wolters überzeugt. Es ist deutlich spürbar, dass die Kirchengemeinde Heimat und einen Familienersatz bietet. Die Jugendlichen wissen das sehr zu schätzen. Die Jugendarbeiterin leistet auch eine Form von Sozialarbeit. Sie berät und hilft, wo es nur geht. Anke Wolters ist ein Glücksfall für die Kirchengemeinde und für Süddorf. Sicher, sie investiert viel Zeit und Energie. „Aber ich bekomme von meinen Jugendlichen ganz viel zurück,“ sagt sie. Das Vertrauen der Jugendlichen ist für sie die schönste Bestätigung für den Erfolg ihrer Arbeit.
Uwe Martens